Lotti Moggach – Ich bin Tess [Rezension]

Titel: Ich bin Tess
Autor: Lotti Moggach
Genre: Roman | Jugendbuch
Erscheinungsjahr: 2014
Verlag: Script5
Seiten: 352
erhältlich als: Hardcover, eBook

„Würdest du dein Leben aufgeben, um das eines anderen zu übernehmen?
Leila hat Tess nie zuvor getroffen.
Doch sie weiß mehr über sie als irgendjemand sonst.
Tess hat Leila nie zuvor getroffen.
Doch wenn sie unbemerkt aus der Welt scheiden will, muss sie Leila ihr Leben anvertrauen.
Zu Beginn ist es leicht für Leila, sich online als Tess auszugeben. Niemand durchschaut ihr Spiel. Doch wie lange lässt sich eine solche Lüge aufrechterhalten?

Okay, nehmen wir uns einmal dieses hypothetische Dilemma vor: Eine Frau leidet an einer Krankheit, die an und für sich nicht lebensbedrohlich ist, aber ihre Lebensqualität stark einschränkt und auch nicht heilbar ist. Nach reiflicher Überlegung kommt sie zu dem Schluss, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Aber sie weiß, dass sie damit ihrer Familie und ihren Freunden großen Kummer bereiten würde und handelt daher nicht.

Dennoch wünscht sie sich verzweifelt den Tod und an dieser Einstellung
ändert sich auch über die Jahre nichts. Irgendwann kommt sie zu dir und
sagt, ihr sei ein Weg eingefallen, wie sie ihren Plan in die Tat
umsetzen kann, ohne ihre Familie und ihre Freunde unglücklich zu machen, aber dafür brauche sie deine Hilfe. Was würdest du tun? Würdest du ihr helfen?
“ [Quelle:klick]

„Ich bin Tess“ ist mal etwas ganz anderes. Dieses Buch greift ein ganz spezielles Thema auf, worüber allgemein eher geschwiegen wird: Selbstmord.

Wenn ein Mensch sein Leben selbst beenden will dann versucht man ihn davon abzuhalten. Der Mensch soll therapiert werden, es wird auf Biegen und Brechen versucht ihn davon zu überzeugen, wie lebenswert das Leben doch ist. Wie schlimm es ist sich umzubringen. Und wie die Menschen, die man bei diesem Schritt hinterlässt, dadurch leiden können.

Genau dieses Leid will Tess vermeiden. Sie möchte ihrem Leben ein Ende setzen, jedoch ihre Mitmenschen nicht verletzen. Tess hat viel erlebt in ihrem Leben, wird von ihrer Familie und ihren Freunden als lebensfroher und liebenswerter Mensch empfunden, tief in ihrem Inneren ist sie jedoch manisch depressiv und möchte ihr eigenes Leid beenden. Sie hat genug erlebt um ruhigen Gewissens aus dieser Welt zu verschwinden.

Tess möchte sterben

So beschließt Tess, dass sie zwar sterben will, jedoch offiziell noch am Leben sein sollte damit niemand mit dem Verlust eines geliebten Menschen leben muss.

Die Protagonistin in „Ich bin Tess“ ist jedoch gar nicht Tess sondern Leila. Leila wird über einige Umwege zu dem Menschen, der Tess im Internet weiterleben lässt. Leila hat eine stark ausgeprägte Neigung zur Philosophie und setzt sich in einem Online-Forum unter anderem auch mit dem Thema Selbstmord auseinander.

Nachdem ihre Mutter selbst an einer schweren Krankheit gestorben ist, empfindet Leila es als vollkommen in Ordnung wenn ein Mensch seinen eigenen Tod beschließt. Sie sieht es als ihre Pflicht an, diesem Menschen nicht im Wege zu stehen und ihm sogar zu helfen. So ist es für sie eine Selbstverständlichkeit, Tess‘ Leben zu übernehmen.

Da sie Tess‘ Leben natürlich nicht vollkommen übernehmen kann, muss eine andere Lösung her und so ist es schnell beschlossene Sache, dass die beiden einen Umzug nach Kanada inszenieren und Tess somit außer Reichweite für ihr Umfeld ist und Leila so die Strippen vom anderen Ende der Welt aus steuern kann, ohne Gefahr zu laufen, entdeckt zu werden.

Natürlich funktioniert der ganze Plan nicht ganz so reibungslos, wie Leila sich das im Vorfeld ausgemalt hat doch ich möchte euch nicht zu viel verraten.

Der Aufbau des Buchs ist sehr interessant. So wird die Geschichte eher von hinten aufgerollt und alles fügt sich mit jedem neuen Kapitel in ein großes Ganzes.

Wir befinden und mit Leila in einem Hippie-Camp in Spanien, wo sie Recherchen über Tess‘ Tod anstellt und nebenbei die chronologischen Ereignisse niederschreibt, sodass sozusagen unser Buch entsteht. Diese Art des Erzählens finde ich sehr gut gemacht, ich habe mich dadurch sehr schnell in die Geschichte gefunden und wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht.

Die Protagonistin Leila ist das genaue Gegenteil von Tess: Schüchtern und zurückgezogen, nahezu ohne Freunde und Familie, sowie mit wenig Verständnis für soziale Kontakte ausgestattet. Genau dieses Zusammenspiel sowie Leilas Internet-Leben machen das Buch zu etwas sehr amüsanten.

Auch fand ich das Thema an sich interessant. Über Selbstmord liest man eher negative Darstellungsweisen und so fand ich es sehr spannend, diesen Akt mal von der anderen Seite aus zu betrachten. Die philosophischen Aspekte von „Ich bin Tess“ runden das Buch wunderbar ab und machen es nicht nur für Jugendliche interessant sondern durchaus auch für Erwachsene sehr lesenswert.

Aus dem Ende hätte man meiner Meinung nach ein Wenig mehr herausholen können, ich verstehe aber wieso es so ist wie es ist und empfinde dieses Ende auch deswegen nicht als Enttäuschung. Da müsst ihr euch ein eigenes Bild von machen und für euch entscheiden mit welchem Gefühl ihr dieses Buch zuklappt.

Im Ganzen war ich sehr positiv überrascht von „Ich bin Tess“ und kann es euch nur sehr ans Herz legen! Es lohnt sich mit Sicherheit ein Auge auf Lotti Moggach zu werfen und auch eventuelle Nachfolger zu lesen.

Wie ihr euch sicher denken könnt vergebe ich begeisterte 5 von 5 Sterne!

Ich möchte mich hiermit auch ganz herzlich bei Script5 und bei Vorablesen für das Rezensionsexemplar bedanken!

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